Ein Ausblick auf die Ära des Software-definierten Fahrzeugs
September 14, 2020Thomas Nickl
Director Sales & Business Development GuardKnox EU GmbH
FAHRZEUGVERKÄUFE BEGINNEN SICH ZU ERHOLEN
Während wir versuchen, uns auf die "neue Normalität" nach COVID-19 einzustellen, überdenken viele Menschen ihre Einstellung zur Mobilität. Sie verzichten auf Mitfahrgelegenheiten und öffentliche Verkehrsmittel zugunsten von Privatfahrzeugen, wo sie die Hygiene
besser kontrollieren können.
Die Nutzung privater Fahrzeuge – ob elektrisch oder mit fossilen Brennstoffen – gewinnt wieder an Bedeutung. Das ergibt beispielsweise eine Umfrage des DLR. Mit großer Mehrheit (76 Prozent) fühlen sich die Bürger in einem Auto wohler als zuvor. Verlierer sind Massenverkehrsmittel wie Bahn oder Flugzeug, in denen sich die Menschen zu 63 bis 57 Prozent unwohler oder gar deutlich unwohler als zuvor fühlen. Nach der jüngsten, repräsentativen Erhebung des IPSOS-Instituts zeigt sich auch bei den Kaufabsichten ein Silberstreif am Horizont. Bei einer Mehrheit der deutschen Konsumenten, die schon vor dem Corona-Shutdown einen Autokauf planten, haben sich die Kaufabsichten nicht verändert (57%). Jeder vierte Interessent (27%) gibt an, dass sich seine Anschaffungspläne seitdem sogar verstärkt haben, nur bei jedem Siebten (15%) sind die Kaufabsichten wegen Corona kleiner geworden.
Eine neue Affinität zu Privatfahrzeugen könnte eine gute Nachricht für die weltweite Autoindustrie sein, die voraussichtlich 13,7 Millionen Fahrzeuge weniger verkaufen wird als 2019. Viele Fabriken arbeiten jetzt hart daran, den Nachholbedarf zu decken, wobei viele fast wieder das Produktionsniveau vor der Pandemie erreicht haben.
DIE NEUE, DIGITALE AUTOKAUFERFAHRUNG
In den letzten Jahren haben sich die On-Demand-Dienste für Konsumgüter vom Zugang zu Informationen über den Kauf und die Lieferung von Waren bis hin zur Unterhaltung und sogar zum Design der Produkte selbst weiterentwickelt.
Jedoch ist der Autokauf größtenteils im 20. Jahrhundert stecken geblieben. Anstatt ein durchgehendes oder Amazon-ähnliches E-Commerce-Erlebnis zu bieten, stellen die meisten OEMs kaum mehr als Werbeinformationen mit stimmungsvollen Bildern und Konfiguratoren online zur Verfügung.
Tesla ist ein Vorreiter bei der Bereitstellung eines digitalen Autokauferlebnisses. Im Jahr 2018 verkauften sie 78 Prozent ihres Model 3 online, und 82 Prozent der Käufer unternahmen nicht einmal eine Probefahrt. Die „Build-and-Price“ App für die Chevrolet Corvette, der 8-stufige Konfigurator von Ferrari und das Bestellsystem „Mustang Mach-E“ von Ford sind erste Beispiele für den Wandel der klassischen Automobilindustrie.
Viele Händler und Autohersteller sind heute dabei, ihre Angebote zu digitalisieren, nicht nur mit digitalen Verkaufstools, sondern mit flexiblen Lösungen, die Wartezeiten minimieren und sogar eine Neuwagenauslieferung zu Hause „frei Bordsteinkante“ ermöglichen.
DAS AUTO NACH ART DES IPHONE
Seit der Einführung des ersten Steuergeräts im Jahr 1968 werden Computer eingesetzt, um die mechanische Leistung von Fahrzeugen zu steuern oder zu regeln, von der Kraftstoffeinspritzung über die Lenkung bis hin zum Handling. Nachdem die mechanischen Aspekte heutiger Fahrzeuge relativ gleichwertig geworden sind, haben sich die OEMs darauf konzentriert, Autos als Software-Produkt mit mechanischen Funktionalitäten zu behandeln, bei denen das Fahrerlebnis durch Infotainmentsysteme und Software-Anwendungen differenziert wird, die neue Features und Funktionen für den Kunden ermöglichen.
Die Einführung von App-Stores für Autofunktionen läutet die "iPhonisierung" von Fahrzeugen ein. Displays im Auto werden wie Smartphones oder Smart TVs funktionieren, so dass Benutzer ihre bevorzugten Software-Apps von OEMs und Aftermarket-Anbietern herunterladen können, um ein nahtloses Erlebnis mit Zugang zu allen Lebensnotwendigkeiten zu gewährleisten – von Mail-Clients über Kalender bis hin zu Musik-Streaming.
Das neue, Software-definierte Auto bietet eine Personalisierung, die über die reine Ästhetik von „Tachosimulationen“ (Skins) oder Infotainment hinausgeht. Als Smartphone auf Rädern wird es Apps bieten, mit denen das Fahrzeughandling, die Leistung des Antriebsstrangs, die Selbstfahrerfunktionalität und vieles mehr individuell angepasst werden können. Gekaufte Fahrzeug-Apps werden neue Einnahmequellen für Erstausrüster und den Aftermarket schaffen, die Kundenbindung stärken und unabhängigen Marken in Medien, Unterhaltung und E-Commerce zum Erfolg verhelfen.
SCHAFFUNG DER NEUEN ARCHITEKTUR
Das Software-definierte Fahrzeug wäre ohne grundlegende Änderungen an der elektrischen und elektronischen (E/E)-Architektur des Fahrzeugs und ohne den Weg der vertikalen Integration nicht möglich. In dieser neuen „zonalen Architektur“ werden die elektrischen Komponenten und System des Fahrzeugs je nach Lage und Zweck topologisch zu Zonen zusammengefasst, die über jeweils ein Steuergerät zugänglich sind. Mittels „Distributed Computing“ werden die Rechenressourcen intelligent zugewiesen oder sogar ganz in eine Cloud ausgelagert – ähnlich der Funktionsweise der heutigen Smartphone-Ökosysteme.
GuardKnox ist einer der weltweiten Cybertech-Tier-Pioniere, die die Lieferkette der Automobilindustrie revolutionieren werden. Komponenten und Anwendungen werden in integrierte Produkte konsolidiert, die leistungsstark, kostengünstig und sicher sind. Durch die Partnerschaft mit GuardKnox können OEMs und Tier-1-Anbieter Zugang zu den neuesten Technologien erhalten, die für das Software-definierte Fahrzeugs erforderlich sind – ohne die fünf Jahre Wartezeit, die normalerweise für die Entwicklung einer neuen Architekturplattform erforderlich sind. Ähnlich wie beim Smartphone werden künftig Hardware-, Firmware- und Software-Updates während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs zur Verfügung gestellt.
Artikel geschrieben von Thomas Nickl